Der von der nationalsozialistischen Regierung in Auftrag gegebene Propagandafilm ICH KLAGE AN aus dem Jahr 1941 von Wolfgang Liebeneiner, stellt thematisch sowie gestalterisch eine Ausnahme der Filmproduktionen des Dritten Reichs dar.
Die junge Frau Hanna Heyt erkrankt an Multipler Sklerose. Ihr Mann Thomas, ein namhafter Arzt, forscht im Labor fieberhaft nach einer Medizin gegen die unheilbare K ...
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Der von der nationalsozialistischen Regierung in Auftrag gegebene Propagandafilm ICH KLAGE AN aus dem Jahr 1941 von Wolfgang Liebeneiner, stellt thematisch sowie gestalterisch eine Ausnahme der Filmproduktionen des Dritten Reichs dar.
Die junge Frau Hanna Heyt erkrankt an Multipler Sklerose. Ihr Mann Thomas, ein namhafter Arzt, forscht im Labor fieberhaft nach einer Medizin gegen die unheilbare Krankheit. Als diese Hannas Leben immer stärker beeinträchtigt, bittet sie zunächst ihren mit der Familie befreundeten Hausarzt Bernard Lang um den Gnadentod. Als dieser ablehnt, bedrängt sie ihren Ehemann, sie zu erlösen. Da Thomas’ Forschungen keine Heilung in Aussicht stellen, entscheidet er sich dazu, seiner Frau ihren Wunsch zu erfüllen und tötet sie mit Gift. Bernard wendet sich von ihm ab und Thomas wird wegen Mordes bei der Staatsanwaltschaft angezeigt.
Daraufhin folgt ein harter Schnitt; Thomas wird der Prozess gemacht, in dem die verschiedensten Meinungen über den Fall zur Sprache kommen, von der Mordanklage bis zur Bewertung der Tötung als humanitäre Erlösung. Im Schlusswort bekennt sich Thomas zu seiner Tat und spricht sich für die Legalisierung der Euthanasie aus. Der Film endet, ohne die Entscheidung des Richters abzuwarten.
Der Propagandafilm ICH KLAGE AN ist die einzige Filmproduktion des Dritten Reichs, der sich direkt mit dem Thema der gesetzlichen Sterbehilfe auseinandersetzt. Der Film entstand unter der Federführung der „Kanzlei des Führers“, deren Leiter Philipp Bouhler ein entschiedener Befürworter der Euthanasie war.
Der Film verhandelt das Thema der Sterbehilfe fast ausschließlich auf der privaten Ebene des Ehepaares Heyt und appelliert damit zunächst an die Emotionen des Publikums. Erst während des Prozesses wird die Diskussion über Euthanasie auf eine philosophische, religiöse und politische Argumentation gestützt. Die Thematik wird in ICH KLAGE AN vordergründig als zeitloses Problem dargestellt, obwohl es politisch hoch aktuell war. Ärzte hatten von der nationalsozialistischen Regierung bereits die Befugnis erhalten, nach eigenem Ermessen den „Gnadentod“ durchzuführen. Außerdem hatte die systematische Deportation und Ermordung unzähliger unschuldiger Menschen durch die Nationalsozialisten schon begonnen. ICH KLAGE AN diente zur psychologischen Überzeugung der deutschen Bevölkerung für das Sterbegesetz und somit zur Rechtfertigung der systematischen „Vernichtung lebensunwerten Lebens“, wie es die NS-Behörden formulierten.
Von den Alliierten wurde der Film 1945 als Verbotsfilm klassifiziert. Seit 1966 befinden sich die ehemaligen Verbotsfilme im Bestand der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung und werden unter Vorbehalt in öffentlichen Aufführungen zugänglich gemacht.
Darunter fallen die Propagandafilme aus der Zeit des Nationalsozialismus, deren Inhalt kriegsverherrlichend, rassistisch, antisemitisch und/oder volksverhetzend ist und deshalb auf Beschluss des Stiftungs-Kuratoriums nicht für den allgemeinen Vertrieb freigegeben werden.
Diese Vorbehaltsfilme stehen jederzeit in den Räumen der Stiftung selbst für schulische, wissenschaftliche und dokumentarische Zwecke zur Sichtung zur Verfügung. Die vielfältigen und jederzeit möglichen bundesweiten öffentlichen Aufführungen in Kinos, Universitäten, Schulen etc. sind eingebunden in einen einführenden Vortrag und eine anschließende Diskussion.
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